Film ist Sprache in bewegten Bildern. Und bei manchen Filmen ist die Sprache in der Hauptrolle. Unsere fünf Filmempfehlungen für Menschen, die von Sprachen, von Übersetzungen fasziniert sind und die wissen, wie mächtig das Wort und um wie viel mächtiger das Missverständnis sein kann.
Übersetzungsfehler: „Lost in Translation“ (2003)
„For relaxing times, make it Suntory time.“ – Bob Harris
Ein Film wie ein einziges Missverständnis. Bob, ein alternder Filmstar, verkörpert vom einzigartigen Bill Murray, wird von einer japanischen Whiskeymarke als Testimonial verpflichtet. Eine Million US-Dollar Honorar lassen Bob vergessen, dass er eigentlich recht mürrisch und gar nicht dazu aufgelegt ist, nach Japan zu reisen, um dort zu drehen. Doch Bob lernt an einer Tokioter Hotelbar Charlotte kennen, die junge Ehefrau eines Reisefotografen. Die beiden Protagonisten teilen ein Problem: Sie sprechen kein Wort Japanisch und die japanische Kultur mit ihrem strengen Reglement ist ihnen auch recht fremd. Wie problematisch das alles ist, wird sichtbar, als die Dolmetscherin am Set nur die Hälfte der Regieanweisungen übersetzt und Bob so ungewollt den Zorn des japanischen Hipster-Produzenten auf sich zieht. Der wiederum spricht auch nur ein paar Brocken Englisch und unterbricht die Dreharbeiten immer wieder mit einem lauten „Cut do, Cut do!“
Doch das ist nicht das einzige Missverständnis, in das die sprachliche Barriere Bob und auch Charlotte in „Lost in Translation“ führt. Im Film sammeln sich zahlreiche Missverständnisse, komische Situationen und wachsende Frustration, die das Gefühl der Entfremdung und Isolation der Hauptfiguren widerspiegeln. Doch diese Isolation führt auch zu Schönem: Zwischen Bob und Charlotte, dargestellt von Scarlett Johansson, entspinnt sich eine Liebesbeziehung. Die natürlich in die Brüche geht, als Bob abreisen muss. „Ich will nicht weg“, sagt Bob zu Charlotte. Und die antwortet: „Dann bleib! Bleib hier bei mir! Wir gründen eine Jazzband.“ Schöner lässt sich die Trauer ob der Trennung kaum in Worte packen.
Die Sprache in der Hauptrolle der Aliens: „Arrival“ (2016)
„If you could see your whole life from start to finish, would you change things? “ – Louise Banks
Während andere sich mühen, Französisch oder Spanisch zu verstehen, steht die Linguistin Dr. Louise Banks in „Arrival“ vor einer ungleich größeren Aufgabe: eine außerirdische Sprache zu entschlüsseln und zu übersetzen. Die falsche Übersetzung kann da schnell mal schwerwiegende Folgen nach sich ziehen und im schlimmsten Fall zum „Krieg der Sterne“ führen … wobei nein, das war ja ein anderer Film. Auch wenn wir uns vielleicht nicht in diese Science-Fiction-Situation reinversetzen können, kann sich wohl jeder vorstellen, welche Konsequenzen solche Missverständnisse haben könnten. Die Schwierigkeiten der Nuancen in Sprachen werden in einem Dialog aus dem Film besonders offenbar: „Wir wissen nicht, ob sie den Unterschied verstehen zwischen einer Waffe und einem Werkzeug.“ Wenn Sie nun wissen möchten, ob den Aliens der Unterschied in der Übersetzung von Dr. Louise Banks klar wurde, dürfen wir Ihnen diesen Film sehr empfehlen.
Einer versteht nur Bahnhof: „The Terminal“ (2004)
„This is my home. No, no. No, I must go home. “ – Viktor Navorski
Man kann an vielen Orten stranden. Auf tropischen Inseln, in der letzten geöffneten Bar der Stadt. Aber es gibt wohl kaum einen Ort, an dem man so ungerne strandet wie auf einem Flughafen. Viele von uns kennen das, wenn man vier, fünf Stunden auf einer Sitzbank kauert, weil der Flieger Verspätung hat. Der Iraner Mehran Karimi Nasseri kannte das Gefühl auch. Nur besser. Er verbrachte die Zeit von August 1988 bis August 2006 wegen bürokratischer Hemmnisse bei der versuchten Einreise nach Frankreich im Transitbereich des Flughafens Charles de Gaulle in Paris. Ja, Sie lesen richtig: Er lebte dort.
Angelehnt an diese unglaubliche Geschichte ist der Film „The Terminal“ gedreht worden. Nasseri heißt in dem Film Viktor Navorski, gespielt von Tom Hanks. Anfangs spricht Navorski kaum Englisch, was wiederum den Aufenthalt auf dem Flughafen verlängert: Als ihm ein Mitarbeiter des Flughafens zu verstehen gibt, er müsse nun angeben, dass er Angst hätte, in sein Heimatland zurückzukehren und deshalb Asyl beantrage, versteht Navorski auf dem Flughafen nur Bahnhof. Mit der Zeit muss er lernen, trotzt mangelnder sprachlicher Fähigkeiten auf dem Flughafen zu überleben und den Mitarbeiter:innen auch nonverbal klarzumachen, was er denn will.
Mit dem Latein(-Amerikanisch) am Ende: „Spanglish“ (2004)
„You need to do something with your life, you need to get out of the street, stop bein› a gangsta, you have a child now, you need to be a father.“ – Flor Moreno
In „Spanglish“ wird das Sprach-Chaos zwischen einer amerikanischen Familie und ihrer mexikanischen Haushälterin zur Hauptattraktion. Während die Haushälterin Flor hauptsächlich in Spanisch kommuniziert, spricht die Familie Clasky, insbesondere die Mutter Deborah, fast ausschließlich Englisch. Wie wir es aus den anderen Filmen in dieser Liste nun bereits kennen, entstehen auch hier wieder folgenreiche Missverständnisse. Der Film möchte die realen Herausforderungen von Einwander:innen widerspiegeln, die in einem fremden Land leben. Und wer muss das meiste ausbaden? Flors Tochter Christina, die sich mehr oder weniger gewollt als das Bindeglied zwischen den beiden Welten wiederfindet. Oh, und natürlich haben wir auch hier wieder eine versteckte Metapher: Die Sprache als Brücke zwischen Kulturen und Generationen.
Bei Übersetzung Mord: „The Interpreter“ (2005)
„Silencio es muerte. Silence is death. “ – Silvia Broome
Es ist ein Zufall. Zwei Männer in einem halbdunklen Raum. Ein Flüstern in einer selten gesprochenen Sprache. Eine junge Frau hört zufällig zu, worüber sich die Männer unterhalten. In einer Sprache, die sie seit ihrer Kindheit kennt. Einer Sprache, die ihr vertraut ist. Doch diese beiden Männer haben nichts Gutes im Sinn. Es ist der Beginn einer Verschwörung. Das widerfährt Silvia Broome, gespielt von Nicole Kidman, in dem Streifen „Die Dolmetscherin“. Broome ist Dolmetscherin bei den Vereinten Nationen in New York und wird so in ein Mordkomplott verwickelt, bei dem der korrupte Staatschef ihres Heimatlandes Matobo ermordet werden sollte. Regie-Altmeister Sydney Pollack hat ein Verwirrspiel geschaffen, bei dem Sprachen, ihre Bedeutungsvielfalt, bestimmte kulturelle Codes und Prägungen und die Schwierigkeiten der Diplomatie den Rahmen bilden.
Einer der Charaktere in dem Film sagt zum Beispiel dies hier: „Das Gewehrfeuer um uns herum betäubt unsere Ohren. Doch die menschliche Stimme unterscheidet sich von anderen Geräuschen. Sie vermag Lärm zu übertönen, so dass sie alles andere unter sich begräbt – selbst wenn sie nicht schreit – selbst wenn sie nur ein Flüstern ist. Selbst eine flüsternde Stimme kann ganze Armeen übertönen, wenn sie die Wahrheit spricht.“ Die Macht der Verständigung, verdichtet in einem packenden Thriller – geradezu ein Pflichtfilm für Sprachjunkies.