In den USA Fuß zu fassen, ist das Ziel vieler Unternehmen. Eine Voraussetzung dafür ist strategische Pressearbeit – und die unterscheidet sich in mancher Hinsicht deutlich von jener im deutschsprachigen Raum. Sieben Faktoren, die Sie kennen sollten, um auch die US-Presse zu überzeugen.
Die gute Nachricht zuerst: Amerikanische Journalist:innen ticken nicht grundlegend anders als europäische. Das Verhältnis zwischen Unternehmen, Presse und Öffentlichkeit gleicht jenem von anderen westlichen Demokratien. Und wer sich schon mit Zensur oder Korruption in vielen Märkten der Welt herumschlagen musste, wird PR- und Pressearbeit in den USA angenehm bekannt vorkommen.
Dennoch gibt es kulturelle Unterschiede, deren Kenntnis den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen kann. Unterschiede, die sich auch auf die Struktur und Formulierung von Pressetexten auswirken. Wir haben die sieben wichtigsten für Sie zusammengefasst.
- Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus sind deutlich getrennt
Viele Journalist:innen im deutschen Sprachraum wechseln im Laufe ihres Berufslebens die Seiten – und gehen oft in die Unternehmenskommunikation. Das hat zum einen mit der Erosion des Print-Journalismus zu tun, ist zum anderen aber auch Ausdruck einer gefühlten Nähe: Die Arbeit von Pressesprecher:innen wird von vielen als eine Art Journalismus von der anderen Seite betrachtet.
Eine Sichtweise, die in den USA und überhaupt im angelsächsischen Raum eher nicht geteilt wird. Die beiden Sphären begegnen einander mit Respekt, doch die Trennlinie ist klarer als in Europa. Für Pressetexte und Pressekits bedeutet das: Von den Unternehmenskommunikator:innen wird nicht erwartet, journalistisch zu arbeiten und zu formulieren, sondern den Regeln der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu folgen, denen die Regeln des Journalismus komplementär gegenüberstehen.
- Pressemitteilungen sind für Medien oft nur der erste Schritt
Vor allem im Fachjournalismus hat sich in Deutschland ein unangenehmer Effekt verbreitet: Pressemitteilungen von Unternehmen werden unverändert und unhinterfragt übernommen. Das mag mit der Ausdünnung der (Print-)Redaktionen zu tun haben und dem Zeitdruck in (Online-)Redaktionen, ist in vielen Fällen aber wohl der Tatsache geschuldet, dass auch journalistische Ethik schlechte Konjunktur hat.
Eine Presseaussendung eins-zu-eins zu übernehmen, gilt in den USA als absolutes No-Go. Noch schlimmer wird es, wenn Unternehmen dann verärgert nachfragen, warum der Text abgeändert wurde – in Deutschland und Österreich durchaus nicht selten. Auch in den USA sind Pressemitteilungen eine wichtige Informationsquelle für Journalistinnen und Journalisten, doch eher im Sinne einer Erstinformation, die fast immer um eigene Recherchen erweitert wird. Unternehmen sollten im Heimatland des investigativen Journalismus also auf jeden Fall mit Rückfragen rechnen, die durchaus kritisch ausfallen können. Und sie sollten darauf inhaltlich vorbereitet sein.
- Pressearbeit muss differenzierter erfolgen
Die Medienlandschaft der USA ist nicht nur deutlich größer als jene in europäischen Ländern, sie ist auch differenzierter. Sowohl online als auch im Print existieren hochspezialisierte Medien, die sich den gleichen Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln widmen. Daher ist ausgesprochen empfehlenswert, die Kommunikation sowohl inhaltlich als auch sprachlich an die jeweiligen Publikationen bzw. deren Zielgruppen anzupassen. Dazu gehört eventuell auch eine Adaption von Bild- und Videomaterial. Das schafft Mehrarbeit, wird sich aber lohnen.
- Im Pressetext sollte das C-Level zu Wort kommen
Amerikanische Journalistinnen und Journalisten sind daran gewöhnt, relativ unkompliziert Zugang zum C-Level und zu anderen hohen Unternehmensebenen zu erhalten. Top-Führungskräfte wenden sich nicht selten aktiv und persönlich als Ansprechpartner:innen an die Medien und versorgen sie mit Neuigkeiten und Hintergrundinformationen. Der Aufbau und die Pflege von Beziehungen zu den Medien sind in den USA oft absolute Chefsache.
Eine Kultur, die in deutschen Unternehmen noch immer sehr wenig verbreitet ist. Stattdessen wird Personalisierung oft durch in den Fließtext eingestreute Zitate in Pressemeldungen simuliert. Und diese haben oft spürbar eine lange Reise durch diverse Freigabeschleifen hinter sich. Die Folge sind inhaltsleere Zitate ohne jeden Nachrichtenwert, die schon in deutschen Redaktionen auf völliges Desinteresse stoßen, in den USA aber als Frechheit empfunden werden.
Für die erfolgreiche Pressearbeit bedeutet das: Die reine Übersetzung banaler Zitate in der Presseinformation reicht nicht aus, es geht um echte Transcreation. Liefern Sie den Redakteur:innen knackige Aussagen der Führungsebene, die authentisch wirken, echten Mehrwert bieten und auch subjektive Meinungen transportieren dürfen.
- Zahlen, Daten, Fakten: Sorgen Sie für maximale Transparenz in der Pressemeldung
Der US-amerikanische Journalismus stellt traditionell hohe Ansprüche an Transparenz. Medien erwarten, von Unternehmen über den Versand von Presseinformationen oder über Pressekonferenzen mit ausreichend Zahlen, Daten und Fakten versorgt zu werden, um sich ein eigenständiges Bild machen zu können. Sie erwarten vor allem die umfassende Beantwortung der klassischen W-Fragen möglichst schon im ersten Absatz des Pressetextes. Die verbreitete Zurückhaltung vieler europäischer Unternehmen, transparent zu kommunizieren, sollte für die US-amerikanische Medienwelt hinterfragt werden. Die Übersetzung von Pressetexten muss also die Überprüfung beinhalten, ob wirklich ausreichend Fakten genannt sind.
- Pressetexte transportieren Fakten, keine Meinungen
Als britische und US-amerikanische Journalisten nach dem Zweiten Weltkrieg mithalfen, den deutschen und österreichischen Journalismus auf neue Beine zu stellen, fiel ihnen unter anderem eines unangenehm auf: Es gab am Standort keine Tradition, Meinung von Nachricht zu trennen. Eine Trennung, die im englischsprachigen Raum aber stark ausgeprägt ist.
Für die Kommunikation mit diesen Märkten sollten Sie beachten, dass Journalist:innen von Ihnen überprüfbare Fakten erwarten, sich ihre Meinung dazu aber selbst bilden wollen. Vice versa sind Unternehmen in den USA auch weniger dünnhäutig, wenn Produkt oder Dienstleistung seitens der Medien kritisiert werden.
- PR in derKrise: Nur wirksam, wenn sie unmittelbar erfolgt
Sobald in amerikanischen Filmen oder Serien die Redaktion einer Tageszeitung auftaucht, kann man sicher sein, dass es äußerst hektisch zugeht. Die Breaking-News-Kultur ist allerdings nicht nur ein Klischee; Journalist:innen im englischsprachigen Raum sind daher auch seitens der Unternehmen ein hohes Kommunikations-Tempo gewöhnt.
Und das betrifft vor allem die Krisenkommunikation. Hier reagieren US-Unternehmen in der Regel rascher und offensiver als die meisten europäischen Firmen. Die inhaltliche und sprachliche Zurückhaltung, vor allem aber das Tempo deutscher Unternehmen in der Krisen-PR kommt in den USA sehr schlecht an. Im Krisenfall müssen Sie also im Sinne des Rufs Ihres Unternehmens in der Öffentlichkeit maximal transparent kommunizieren und Ihre Reaktion äußerst schnell an den Presseverteiler versenden.