Weihnachtslieder sind ein Kulturgut und das familiäre Wettsingen zum Wunder von Jesu` Geburt nach wie vor hoch populär. Kein Wunder dagegen, dass Weihnachtslieder auch angepasst an kulturelle Eigenheiten übersetzt werden. Ein musikalischer Streifzug zu Weihnachtsvätern, zur Stillen Nacht, die in Spanien keine ist und zu Ureinwohnern, denen das bekannteste Weihnachtslied Kanadas zu verdanken ist.
Zum umstrittenen musikalischen Erbe des großen George Michael und seiner Gruppe Wham! gehört zweifellos sein Song „Last Christmas“. In den Wochen rund um Weihnachten wird der Song von Radiosendern in der ganzen Welt tausendfach gespielt, von früh bis spät und vor allem bis zur akustischen Erschöpfung der Zuhörer:innen. „Last Christmas“, das ist das in Noten gegossene Lametta der Weihnachtszeit. Doch es hätte alles anders kommen können. Denn George Michael hat den Song angeblich gar nicht für Weihnachten geschrieben. In der Ursprungsfassung nämlich heißt das Lied „Last Easter“ und war einfach nur ein schmachtendes Liebeslied. Doch die Plattenfirma Michaels brauchte rasch einen Ohrwurm für Weihnachten, also wurde der Song kurzerhand umgetextet. Dass der Song möglicherweise große Gefühle adressiert, aber dabei inhaltlich klein bleibt, zeigt sich, wenn man die deutsche Übersetzung ansieht: „Gebranntes Kind scheut das Feuer / Ich halte Abstand / Aber du fällst mir trotzdem ins Auge / Sag mal, Schatz, erkennst du mich?“. Dass die Handlung des Liedes, die Geschichte einer sehr herzzerreißenden Trennung, eher zufällig zu Weihnachten spielt, erkennen aufmerksame Zuhörer:innen auch daran, dass die üblichen Utensilien solcher Lieder wie etwa Schnee, Tannenbaum oder auch Santa Claus völlig fehlen.
Bei den meisten der 8355 traditionellen Weihnachtslieder – so viele gibt es nämlich laut steirischem Volksliedarchiv in Graz – sind Jesus, Christkind, Tannenbaum, Glöckchen oder Schnee fixes Textinventar.
Übersetzung für andere Kulturen
Doch Weihnachtslieder werden je nach kulturellem Kontext in ihren Übersetzungen auch stark verändert, um einen größeren Identifikationsmoment zu schaffen. So etwa beim Lied „The Twelve Days of Christmas“. In der japanischen Übersetzung werden einige der im Text vorkommenden Geschenke verändert, um sie besser an die japanische Kultur anzupassen. So wird da nicht mehr von „fünf goldenen Ringen“, sondern von „fünf goldenen Glocken“ gesunden.
Santa Claus ist kein Italiener
Möglicherweise können italienische Kinder mit der Figur von Santa Claus viel weniger anfangen als ihre Altersgenoss:innen in angelsächsischen Ländern, aber die italienischen Übersetzer:innen haben für das Lied „Santa Claus is coming to town“ eine mehr oder minder elegante Lösung gefunden. Da wird nämlich Santa Claus zum „Weihnachtsvater“ und der Songtitel lautet im Italienischen „Babbo Natale sta arrivando in città“. Auch eines der bekanntesten Weihnachtslieder überhaupt, „Stille Nacht, Heilige Nacht“ wird in Italien sehr frei und eher um eine astronomische Dimension bereichert übersetzt. Während etwa im Englischen der Originaltitel als „Silent Night, Holy Night“ praktisch unangetastet bleibt, wird das Lied im Italienischen zu „Astro del ciel“, also übersetzt zum „Stern des Himmels“.
Stille Nacht, Heilige Nacht frei übersetzt
Allerdings weichen einige Textzeilen von „Stille Nacht, Heilige Nacht“ in der englischen Übersetzung dann doch erheblich vom deutschen Original ab. Hören Sie mal genauer hin: Dort wird nicht geschlafen, und es wacht auch niemand. Dort heißt es: „All is calm, all is bright“. Auch in Spanien wird bei dem Lied weniger geschlafen, da wird die Übersetzung schon beinahe leidenschaftlich. Der Titel des Liedes lautet dort nämlich „Noche de paz, noche de amor“, also „Nacht des Friedens, Nacht der Liebe“.
Kanadas ältesten Weihnachtslieder
„Stille Nacht, Heilige Nacht“ bezieht seine Wirkung natürlich auch aus seinem alpenländischen Ursprung, ist musikalisch perfekt in die Szenerie der österreichischen Alpen gesetzt und hatte wohl auch wegen der vergleichsweise populären und von Millionen Menschen gesprochenen deutschen Sprache, in der das Lied ursprünglich getextet wurde, einen gewissen Startvorteil. Da hatte es „Jesous Ahatonhia“ („Jesus ist geboren“) schon schwerer. Das Lied wurde ursprünglich in Wendat geschrieben, der Sprache des kanadischen Ureinwohner-Stammes der Wendat oder Huronen. Nur ein paar zehntausend Menschen sprechen sie. Im 17. Jahrhundert komponiert ist es das älteste kanadische Weihnachtslied und heute eines der populärsten in Kanada und darüber hinaus. Und manchmal werden Weihnachtslieder auch zu Protesthymnen. Hören Sie einmal den Beginn von „Oh, Du Fröhliche“. Und dann hören Sie mal den Protestsong „We shall overcome“. Erkennen Sie es? Ja, genau, es ist die gleiche Melodie. Und irgendwie auch eine ähnliche Botschaft.
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