Das beste Produkt hat keine Chance, wenn die Welt nichts davon erfährt – und dafür bleibt der klassische Pressetext ein wichtiges Mittel. Im internationalen Kontext müssen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf Englisch erfolgen. Aber reicht es wirklich aus, Pressematerialien zu übersetzen? Sieben gute Gründe, warum Sie Ihre englischen Press Releases in die Hand von Profis legen sollten.
In der Menge unterzugehen, ist ziemlich einfach. Deutsche Journalist:innen erhalten im Schnitt bis zu 50 Pressemeldungen pro Woche, manche deutlich mehr. Selbst gute Texte erreichen ihr Ziel demnach oft nicht. Das kann am Inhalt liegen, an der Form, am Timing, am falschen Adressaten oder auch an Arbeitsüberlastung der Empfänger:innen.
Erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit: Mehr als Übersetzung
Im internationalen Geschäft kommt oft ein weiterer Grund hinzu. Medienschaffende im englischsprachigen Raum sind zwar genauso interessiert an Pressemitteilungen der Unternehmen, doch sie erwarten in vieler Hinsicht ganz anderes als ihre deutschsprachigen Kolleg:innen. Und hier geht es um mehr als die reine Übersetzung: Es geht darum, die Aussendungen diesen Erwartungen anzupassen. Eine Lokalisierung, die nur Kenner:innen der Sprache und der journalistischen Kultur beherrschen.
Hier sind die 7 wichtigsten Aspekte, auf die es dabei ankommt.
- Pressearbeit mit umgekehrter Pyramide
Deutschsprachige Pressetexte verfolgen oft ein hehres Ziel: Storytelling. Einen Aufbau also, der eine gewisse Spannung oder Neugier erzeugt. Im englischen Sprachraum kann das jedoch schnell danebengehen. Englischsprachige Journalist:innen sind die „Inverted Pyramid“ gewöhnt, die Zusammenfassung der wesentlichen Informationen ohne Einleitung gleich zu Beginn. Im Idealfall beinhaltet schon der erste Satz die berühmten fünf „W“ des Journalismus: Wer hat wann was wo und warum getan? Erst danach werden die Details erwartet – je weniger relevant, desto weiter hinten.
Dass auf diese Weise keine stilistischen Leckerbissen entstehen, liegt auf der Hand. Und es gibt durchaus Redakteur:innen, die die Pyramide gerne wieder auf ihrer Basis stehend sähen. Dennoch sind Unternehmen gut beraten, in diesem Fall das Storytelling der Nützlichkeit für die Public Relations zu opfern.
Fun Fact am Rande: Möglicherweise ist die Inverted Pyramid eine Folge der Einführung des Telegrafen, als lange Texte teuer waren und immer die Gefahr bestand, die Verbindung zu verlieren.
- Content in kleinen Einheiten verfassen
Über den Wunsch nach möglichst kurzen Sätzen lässt sich leicht die bildungsbürgerliche Nase rümpfen. Doch die vor allem bei US-amerikanischen und britischen Redakteur:innen ausgeprägte Erwartung hat nichts mit geringerer Bildung zu tun, sondern mit höherem Anspruch an die Nützlichkeit. Vor allem in diesem Sprachraum sind Presseinformationen reine Nutz-Texte. Wer hier zu lange Sätze oder zu komplexe Satzstrukturen einsetzt, verspielt sehr schnell die Aufmerksamkeit der Redaktion.
Ähnlich sieht es mit den Absätzen aus, auch diese sollten in der englischsprachigen Übertragung möglichst kurz ausfallen. Dazu gehört auch, sie immer wieder durch Zwischentitel zu gliedern. Den Wunsch nach kurzen Absätzen mit dem generellen Online-Leseverhalten und der Sprache der Social Media in Verbindung zu bringen, liegt natürlich nahe. Auch hier gilt für die erfolgreiche Pressearbeit: Nützlichkeit vor Ästhetik.
Kürze wird auch vom Text in seiner Gesamtheit erwartet. Mit im Schnitt 300 bis 400 Wörtern sind englische Pressemitteilungen deutlich kürzer als deutsche. Während sie hierzulande neben den Kernbotschaften oft auch umfangreiche Hintergrundinformationen bringen, sind diese im englischen Sprachraum meist über Verlinkungen erreichbar.
- Punkt für Punkt: Die Bullet Points in Texten
Sie haben – zumindest bei großen Unternehmen – schon lange Einzug in die Pressematerialien gefunden: Die Bullet Points, die die wesentlichen Informationen auf einen Blick erkennbar machen. Für Storytelling-Puristen ein Graus, sind sie in englischsprachigen Presseaussendung dennoch nahezu ein Muss.
- Pressetexte dürfen auch mal informell wirken
Wer immer wieder mit deutschen Pressetexten zu tun hat, wird eine verbreitete stilistische Eigenart bemerken: Viele von ihnen kommen in einem betont sachlichen, um nicht zu sagen: formellen Ton daher.
In englischen Presse-Kits ist der Ton prinzipiell ein anderer. Auch hier geht es in erster Linie um Fakten, doch die Texte sind deutlich informeller und lebendiger verfasst, was auch die Möglichkeit beinhaltet, manchmal humorvoll zu sein. In englischen Presseaussendungen sind auch Umgangssprache und lokale Idiome absolut kein No-Go. Der lebendigere Ton zeigt sich unter anderem in der aktiveren Formulierung. Passiv-Konstruktionen sind auch im Deutschen meist unschön – in den englischen Versionen sollte man sie möglichst ganz vermeiden.
- Jeder Pressemitteilung ihr – authentisches – Zitat
Ein sehr spezielles Thema in der Unternehmenskommunikation sind die Zitate. Auch hier sind deutsche Kommunikator:innen oft übervorsichtig – was unzählige nichtssagende, immer wieder gleichlautende Aussagen des Managements zur Folge hat. Auch amerikanische CEOs sind ihren Shareholdern verpflichtet und wissen, was sie sagen dürfen und was nicht. Dennoch tauchen in den Pressematerialien auffallend oft Zitate auf, die eine persönliche Ansicht ausdrücken beziehungsweise eine gewisse Angriffslust erkennen lassen. Nichtssagende Zitate werden in der englischsprachigen Presse auch bei besten Media Relations nahezu immer ignoriert.
- Infografiken: PR auf einen Blick
Infografiken haben sich als Element von Presse-Kits zwar auch hierzulande bis zu einem gewissen Grad durchgesetzt, im englischsprachigen Umfeld aber haben sie eine noch größere Bedeutung. Als optischen Beitrag zum Storytelling „auf einen Blick“ sollten man, wann immer möglich, Infografiken erstellen.
- Professioneller Umgang mit Korrekturen
Mit Korrekturen gegenüber der Presse tut sich verständlicherweise jedes Unternehmen schwer. Die entsprechende Kultur ist vor allem in den USA jedoch deutlich ausgeprägter als in Deutschland. Während hier meist nur grobe inhaltliche Fehler gegenüber Journalist:innen berichtigt werden, ist es in den USA durchaus üblich, auch kleine Abweichungen sofort und völlig transparent offenzulegen. Der Effekt ist auch für Unternehmen ein positiver: Die offene Kommunikation führt dazu, dass zumindest kleine Fehler als relativ selbstverständlich angesehen werden – so man denn dazu steht.