Warum gute Spiele die beste Übersetzung verdienen

Lea Valder
Customer Success Management

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Erfolgreiche Games punkten mit State-of-the-Art-Grafik, tollem Sound, fehlerfreier Programmierung – und immer öfter mit großartigen Geschichten. Das Storytelling leidet aber, wenn eine schlechte Übersetzung zur Verfügung steht. Fehler in der Lokalisierung sind nicht nur ärgerlich, sondern zerstören das wertvollste Gut von Spielen: die Immersion. Warum man die sprachliche Übertragung von Games den Profis überlassen sollte.

Die Zahlen sind schwindelerregend: Der weltweite Umsatz mit Videospielen aller Kategorien hat spätestens 2022 die Marke von 200 Milliarden Euro überschritten. Alleine in Deutschland, dem größten Gaming-Markt innerhalb der EU, sind es rund zehn Milliarden Euro; ein Wert, der den kumulierten Umsatz von Büchern, Filmen und Musik in Deutschland übertrifft.

Und was hat das mit Übersetzung zu tun? Wer mit Pong, Pac-Man und Tetris auf Konsole oder PC aufgewachsen ist, hat eine Zeit erlebt, in der Sprachen im Gaming-Kontext keine Rolle spielten. Ihre Bedeutung wuchs parallel zur Entwicklung der Gaming-Kultur in Richtung Storytelling: Mit den simplen, grafiklosen Text-Adventures der frühen Jahre begannen die „Computerspiele“ auf den PCs plötzlich, den Spielern Geschichten zu erzählen. Und damit rückten auch Sprachen in den Fokus.

Immersion steigert den Spielspaß

Im Zentrum des Spielspaßes steht der Begriff der Immersion. Der Duden definiert den Suchbegriff „Immersion“ als „Eintauchen in eine virtuelle Umgebung“. Und tatsächlich ist Immersion eine der härtesten Währungen bei Games. Schafft es ein Spiel, die Gamer und Gamerinnen so sehr zu fesseln, dass sie buchstäblich alles rund um sich vergessen, ist es dem Erfolg schon einen Schritt nähergekommen. Immer mehr Spiele knüpfen die Immersion an die Story und damit an den gesprochenen oder in Untertiteln eingeblendeten Text – und zwar in allen Games-Kategorien. Wer die Freude hatte, Spiele wie The Last of Us, Ghost of Tsushima oder Detroit: Become Human zu erleben, weiß um die Bedeutung guter Geschichten und gut übersetzter Texte.

Die weltweite Dominanz und Beliebtheit US-amerikanischer Entwicklerstudios ist so bekannt wie ungebrochen. Wer die Feinheiten der englischen Sprache beherrscht, benötig oft keine Übersetzung, die Mehrzahl der Nicht-Muttersprachler:innen wählt allerdings die Option, das Game in der eigenen Muttersprache, statt auf Englisch zu erleben. Die sprachliche Regionalisierung gelingt in vielen Fällen ganz ausgezeichnet. Immer wieder überraschen Games allerdings auch mit horrenden Fehlern in der Zielsprache. Das betrifft nicht nur „kleine“ Spiele – teure Triple-A-Titel sind ebenfalls betroffen.

Language Check: Warum „Beamen“ nicht gleich „Strahlen“ ist

Auch im Gaming-Bereich gilt: Gute Übersetzungen gelingen nur, wenn dahinter neben exzellenten Sprachkenntnissen auch Wissen um das Thema und seine Geschichte steht. Ist dies nicht der Fall, wird es schnell peinlich. Eine schöne Auswahl dafür liefert das Star-Trek-Universum. Was 1966 mit einem billig produzierten und damals wenig beachteten TV-Produkt begann, hat sich zu einem der mächtigsten globalen SciFi-Franchises entwickelt. Neben weiteren Serien, Filmen und umfassendem Merchandising hat Star Trek auch eine lange Liste an Games hervorgebracht. Und eine Fanbase, die in der jeweiligen Sprache an ikonische Fachbegriffe gewöhnt ist.

1997 erschien mit Star Trek: Starfleet Academy ein angesichts der damaligen Angebote technisch beachtliches Spiel, dessen deutsche Version allerdings einigen Ärger hervorrief. Unter anderem wurde das auch im Deutschen so genannte „Beamen“ – also der Transport per Materietransmitter – mit „Strahlen“ übersetzt. Für Kenner:innen und Fans der Serie eine geradezu häretische Übersetzung. Und bereits im Intro des Spiels wurde der legendäre Satz des Serien-Vorspanns mit „mutig zu Welten vorzustoßen, wo noch kein Mensch gewesen ist“ übersetzt – statt mit „die nie ein Mensch zuvor gesehen hat“ und die berühmte Neutrale Zone der Romulaner heißt hier „Neutralzone“. Man darf davon ausgehen, dass der oder die Übersetzer:in die Welt von Star Trek wohl einfach nicht kannte.

Fehlübersetzungen als Immersions-Killer

Wer in die Welt der schlechten Spiele-Übersetzungen eintaucht, empfindet die genannten Fehler allerdings schnell als lässlich. Erstaunlich viele Spiele wurden und werden offensichtlich völlig unprofessionell übersetzt, was zum Teil wohl auch auf das Konto von Automatisierung geht. In einem Teil der Counter-Strike-Serie – immerhin eines der weltweit wichtigsten E-Sports-Franchises – warnt man die Mitstreiter mit einem unverständlichen „Feuer im Loch!“ vor einer heranfliegenden Handgranate. Tatsächlich signalisiert „Fire in the Hole!“ den Spielern nichts anderes als „In Deckung!“. Wunderbar auch ein Beispiel aus Metal Gear Solid 3: Snake Eater. Während eine Verstorbene im Original als „Traitor with no Sense of Honor“ bezeichnet wird, berichten die Untertitel auf Deutsch von einer Frau „ohne Sinn für Humor“. Vielleicht eine besondere Sorte von Humor – bestimmt jedoch ein klassischer Killer für die Immersion der Spieler:innen.

Top Ten: Die besten schlechtesten Spiele-Übersetzungen

Eine Auswahl der beeindruckendsten Übersetzungs-Fails kann immer nur ein Work in Progress sein. Dennoch hier ein paar Highlights aus der (bisherigen) Gaming-Historie; oder: Wie schlechte Übersetzung selbst die besten Produkte zur Lachnummer macht.

Rang 10: Eichen sollst du weichen

Im Jahr 2006 kam Archlord auf den Markt, ein Online-Rollenspiel, in dem unter anderem Orks – böse Wesen aus der Tolkien’schen Unterwelt – eine Rolle spielen. Der oder die Übersetzer:in war leider weder im Bereich der Fantasy noch in jenem der Sprache ganz sattelfest. Und übersetzte „Orks“ dementsprechend durchgehend mit „Eichen“.

Rang 9: Schlechter Tasten-Support

Im Third-Person-Shooter Stranglehold von 2007 gilt es immer wieder, Türen zu öffnen. Die kann man bekanntlich ziehen oder drücken, was bei der Übertragung ins Deutsche aber offenbar Probleme bereitete. Denn die beiden Begriffe werden konsequent vertauscht. Was unter anderem zu originellen Anweisungen wie „Ziehe Leertaste!“ oder „Ziehe rechte Maustaste!“ führt.

Rang 8: Falsches Blut

Manchmal tauchen in Spielen Übersetzungsprobleme auf, die schon aus Filmen bekannt sind. Sylvester Stallones erster Rambo-Film heißt im Original „First Blood“ – ein Zitat aus dem Film. Denn dort fällt auf Englisch der Satz „They drew first Blood“, was auf Deutsch nichts anderes bedeutet als „Die haben angefangen“. Dennoch wird die Phrase auch in Unreal Tournament 3 als „Erstes Blut“ übersetzt.

Rang 7: Harte Entscheidung

Fußball- und andere Sportsimulationen haben ein grafisches Niveau erreicht, das der Fotorealität schon sehr nahe kommt. Für Champion World Class Soccer von 1983 gilt das noch nicht. Die deutsche Sprach-Fassung zeigt ebenfalls gewisse Schwächen. Steht das Spiel nach der Verlängerung unentschieden, finden sich die Spieler:innen im „Elfmeterscheissen“ wieder. Was vom Computer sogar in Versalien eingeblendet wird.

Rang 6: Gärtnern mit Freunden

Alone in the Dark: Illumination gilt grundsätzlich nicht als Highlight in der Kategorie der Survival-Horror-Games, die Übersetzungsfehler machen jedoch tatsächlich Angst. Eine Perle unter vielen: Wer Sprengstoff platzieren soll, wird dazu mit „Pflanzen Sprengstoff“ aufgefordert.

Rang 5: Nächtliche Angebote

Sehr positive Kritiken erntete das Indie-Game Salt & Sanctuary von 2016. Die deutsche Übersetzung war allerdings ein Desaster. Ein Beispiel unter vielen: Die Gamer:innen werden über die Tatsache, dass ein Schiff geentert wurde, mit folgendem preisverdächtigen Satz informiert: „Wir haben in der Nacht bestiegen worden.“ Das entstehende Kopfkino bleibt Privatsache.

Rang 4: Den Mitspielern Pfunde verpassen

Manche Übersetzungsfehler fallen nicht mehr auf, sobald man sich an sie gewöhnt hat. In der Pokémon-Spielereihe ist der „Klaps“ eine unter unzähligen Angriffsvarianten. In den ersten Generationen des Spiels hieß der Klaps allerdings „Pfund“. Offensichtlich eine unscharfe Übertragung des Verbs „pound“ – „schlagen“.

Rang 3: Die Suche nach Bäumen

In The Legend of Kyrandia, einem Point-and-Klick aus den 1990er-Jahren, sucht ein Drache nach drei Questgegenständen: „Where is the other three?“ Die Übersetzung mit „Wo ist der andere Baum?“ lässt die meisten Spieler:innen wohl eher ratlos zurück.

Rang 2: Problematische Kaffee-Lieferung

Bisweilen wird auch die Political Correctness zur Wurzel für Übersetzungsfehler. Das japanische Rollenspiel Grandia von 1997 beinhaltet in der Ausgangssprache Anspielungen auf Alkohol, was in den US-Version umgehend durch „Coffee“ ersetzt wurde – immerhin gilt es ja, die Jugend zu schützen! Dieser hehre Ansatz hat sich bis zur deutschen Version erhalten. So leidet etwa eine Figur des Spiels unter einem echten „Kaffee-Problem“.

Rang 1: Alles meins!

Auch, wenn es in diesem Wettbewerb keine Preise zu gewinnen gibt: Der erste Platz in dieser Auswahl gebührt einem Übersetzungsfehler, der es dank seines genialen Englisch sogar zu einem eigenen Wikipedia-Eintrag brachte. Zero Wing, ein japanisches Shoot ‘em Up von 1989, ist in mehreren Versionen voll von schweren sprachlichen Fails – einer jedoch wurde legendär: „All your base are belong to us.“ Der skurrile Satz wurde zu einem Internet-Meme, taucht als Easter Egg in anderen Games auf, wurde Teil eines Techno-Tracks, schaffte es in Artikel in Zeitungen und wurde in Filmen und Werbung zitiert. Chapeau!

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